Genealogische Notizen

Familienforschung kann spannend sein wie ein Kriminalroman. Wir möchten Euch teilhaben lassen an den aufregenden Geschichten, die wir in Kirchenbüchern und Archiven ausgraben. Taucht ein mit uns in vergangene Epochen und rätselhafte Verwicklungen, historische Lebensumstände und die Geschichte einer Region, die es heute so nicht mehr gibt: das frühere Ostpreußen.

Samstag, 31. Januar 2009

Pathetische Pastoren-Patenliste Pobethen

* 17.08.1807  Carl Christian Ludwig
Eltern :

Carl Gotthilf Arnold, interimistischer Pfarrer der Pobethenschen Gemeinde
Caroline Dorothea Elisabeth GeisenheinerPathen :

1) Anwesende:
Friedrich Richau, JustizAmtmann zu Pobethen
Joh. Carl Jacob Geisenheiner, RegierungsSecretär aus Plock
Christoph Mierwaldt, Kirchenvorsteher
Siegfried Foerdermann, Kirchenvorsteher
Michael Hinz, Arrendator auf dem Pfarrhofe
Fr. Caroline verwittwete Amtmann Bauer aus Grünhoff
Fr. Caroline des KreisChirurg Hellbrand zu Pobethen Ehegattin

2) Abwesende:
Johann Christoph Arnold, Pastor zu Jüterbog in Sachsen
Ludwig Nicolovius, Consistorialrath zu Koenigsberg
M. Gottl. Balthasar Hennig, Superintendent zu Thorn
Johann Friedrich Goldbeck, Superintendent zu Schaaken
Wilhelm Süvern, Professor zu Koenigsberg
Friedrich Wilhelm Treitschke, Kaufmann zu Weissenfels
Fr. Elisabeth verwittwete Postdirectorin Geisenheiner in Plock
Fr. Hauptmannin v. Arnim in Thorn
Fr. Charlotte verwittwete Pfarrerin Taege in Pobethen
Ernst Koehn v. Jaski, König. Preuß. Hptmann ...Adiudant

Fundsstück aus dem Kirchenbuch Pobethen, Samland
- Martin -

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Samstag, 24. Januar 2009

Asmus BEHRINGK (ca. 1530 - 84), ein Ostpreuße am mecklenburgischen Hof

Der Leser mag sich fragen, wie kommt ein Ostpreuße der Renaissance-Zeit nach Mecklenburg und wie hat der Autor davon erfahren? Der letzte Teil der Frage ist schnell beantwortet: ich habe entsprechende Akten im Archiv gefunden. Sie erschienen mir interessant, weil einerseits der Name BEHRING in unserer Familiengenealogie vorkommt, andererseits aber auch ein Ort im Findbuchtitel genannt wurde, das Gut Bruch, welches unsere BEHRINGs, BAERINGKs, BÖRINGs etc. bis 1727 in Besitz hatten.
Ich war neugierig zu erfahren, ob diese Akten in unsere Familienforschung passen. Sie paßten! Folgendes ist zu berichten:
In den 1580er Jahren reist (Er-)Asmus BEHRINGK einige Male vom Herzogtum Mecklenburg ins Herzogtum Preußen. Die preußischen Akten berichten von einem vermögenden mecklenburgischen Secretarius und Rathsverwandten aus Güstrow, der im mittleren südlichen Samland die Gegend inspiziert. Er will Land kaufen. Er weiß, wie die Verwaltungsmühlen jener Zeit mahlen, spricht mit Amtmännern und Amtsschreibern, bekommt Hinweise und überprüft die Gegebenheiten. Der Titel Secretarius kennzeichnet zu damaliger Zeit nicht einfach eine schlichte Schreibkraft. Der heute noch übliche Titel „Staatssekretär“ trifft die damalige Bedeutung besser. Ein „Rathsverwandter“ ist jemand, der für den Rat einer Stadt verwendet wird, ein Ratsherr.

Im Amt Laptau liegt sein väterliches Erbe, der Krug in Cauten (später Kiauten geschrieben), etwa 15 km nördlich von Königsberg. Dort sind die Möglichkeiten zum Landerwerb beschränkt. Er kann nur wenigen Hufen und Morgen hinzukaufen. Er erwirbt auch das Recht auf Brenn- sowie Bauholz zur notwendigen Reparatur und Verbesserung der Gebäude. Damals kauft man nicht einfach ein Grundstück, man sichert sich, soweit möglich, auch gewisse vorteilhafte Rechte.

Wenn man gut leben will, muß man in den kalten ostpreußischen Wintern ordentlich heizen. Ein Grundstück mit dem Recht auf Brennholz aus herzoglichem Forste ist wie ein jährlich auf Staatskosten gefüllter Heizöltank heutzutage. Kostenfreies Bauholz entspricht einem Einkauf im Baumarkt zum Nulltarif. Neben diesen Holzrechten versucht Asmus -mit Hilfe seiner fürstlichen Protektion- auch Steuer- und Abgabefreiheit zu erlangen. Außerdem sollte der Grundbesitz möglichst frei von Pflichten sein: keine Scharwerksdienste (z.B. für einen herzoglichen Amtmann Fuhren, Wegebesserungsarbeiten oder Hilfen bei der Errichtung öffentlicher Gebäude leisten), keine Kriegsdienste (einen Mann mit Pferd und Harnisch stellen oder einen Anteil eines sogenannten Warpenwagens ausrüsten und für den Kriegsfall in Bereitschaft halten) und auch keine Steuern.

Asmus Behringk will aber noch mehr Land für sich und seine Familie. Er findet mehr im Örtchen Bruch im Kirchspiel Schönwalde im Amt Waldau. Das Örtchen besteht aus 4 Höfen und jene 4 Bauern sind willig zu verkaufen, insgesamt eine Fläche von 12 Hufen (1 Hufe = ca. 16 Hektar), nach heutigem Maße also um die 180 Hektar. Asmus bittet um Genehmigung des Kaufs beim preußischen Herzog. Er vergißt nicht zu erwähnen, daß er die Protektion und Empfehlung seiner mecklenburgischen Landesherrschaft genießt und hier kommt bereits die hohe Politik ins Spiel. Denn die mecklenburgische Herzogin Anna Sophia, um 1580 bereits Witwe, ist eine geborene Prinzessin von Preußen. Es ist die älteste Tochter des 1568 verstorbenen Herzogs Albrecht von Preußen.


(oben: Anna Sophia, unßre Hant - das von Herzogin Anna Sophia unterzeichnete Empfehlungsschreiben für Asmus Behring)

Herzogin Anna Sophia (1527-91) schreibt ihrem „freuntlich lieben Vetter“, dem regierenden Herzog in Preußen:
... Das Jegenwertiger unser Secretarius und lieber getreuer Erasmus Behring ... gnediger abscheidt auff einen Zulaß Zum guetlein Bruch von Zwelff Huben Im Walldauschen belegen, Beneben gnedigen erlassung etlicher Zinss und Scharwerck am andern ortt unter E.L. Sigell (.vor welcher alles er zum undertenigsten mitt vleiße gegen E.L. [Euer Liebden] dankbar, auch ferner mitt den seinigen uff alle nachkommen zuerwidern schuldig were.) gnedigst widerfahren lassenn ...

Die hohe Politik zeigt sich auch darin, daß Herzogin Anna Sophia für mich als heutigen Leser so eigenartige Andeutungen über Asmus und seine Dienste macht:... und Ime [dem Asmus Behring] sowoll auff unser als zuvorderst des auch Hochgebornen Fürsten Herrn Ulrichs Herzogen Zu Meckelnburgk & unsers freuntlichen geliebten Oheims Schwagers Brudern und Gevattern, desgleichen S.L. Gemahlin ferne jare gnedigen vor Ihne an E.L. beschehnen Intercession in deren dingen, darumb er sich unter andern daßmael In Preussen begeben, und bey E.L. undertänig sollicitiret und angehalten...
Die Worte „...an E.L. [Euer Liebden] beschehnen Intercession...“ beziehen sich auf die fürstlich mecklenburgische Bitte, dem Secretarius Behringk in Preußen von Regierungsseite hinsichtlich seines Grunderwerbs mit gewissen Vergünstigungen entgegenzukommen, weil man sich ihm aufgrund seiner Dienste in Mecklenburg verpflichtet fühlt. Mir ist es noch nicht gelungen, die Verwandtschaftsbeziehung „Oheims Schwagers Brudern und Gevattern“ eindeutig zu entschlüsseln.

Das Haus Mecklenburg pflegte nicht nur enge Verwandtschaftsbeziehungen nach Brandenburg und Preußen, sondern auch zu den regierenden Familien im Braunschweigischen und nach Skandinavien. Jener oben erwähnte Herzog Ulrich ist der jüngere Bruder des Gatten Anna Sophias, Herzog Johann Albrecht I. (1525-76). Herzog Ulrich ist wiederum mit Elisabeth von Dänemark, der Witwe seines Vetters Herzog Magnus III. von Mecklenburg, verheiratet. Der Vater von Ulrich und Johann Albrecht I. war Albrecht VII. von Mecklenburg. Der hatte sich mit viel Aufwand erfolglos aber nicht aussichtslos seinerzeit um die Kronen und Throne von Dänemark und kurz darauf von Schweden bemüht.

Es ist nicht immer leicht nachzuvollziehen, wer denn in Mecklenburg zu jener Zeit das Sagen hat. Das sogenannte Primogeniturrecht, daß nur einer, meist der Älteste, den Vorsitz des Hauses und die Regierung übernimmt, hat sich noch nicht durchgesetzt. Alle (männlichen) Mitglieder der regierenden Familie wollen irgendwie ihren Anteil an der Macht. Dennoch ist Mecklenburg im 16. Jh. in der Regel noch ein einheitlicher Staat, der Lauenburg und Ratzeburg im Westen umfaßt und die Welfenherzogtümer als Nachbarn hat, im Süden an das Churfürstentum Brandenburg grenzt und im Osten bis nach Pommern reicht. Erst in späterer Zeit führen unversöhnliche Streitigkeiten zu Teilungen: Mecklenburg-Strelitz, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Güstrow.


Dann heißt es im Brief der Herzogin weiter
„...darumb er sich unter andern daßmael In Preussen begeben, und bey E.L. undertänig sollicitiret und angehalten...“ - möglicherweise meint Anna Sophia die Unterhandlungen im Herzogtum Preußen um ihr Erbteil nach dem Tode ihres Vaters Herzog Albrecht 1568. Seit nunmehr 12 Jahren zögert Preußen mit der Anerkennung der Ansprüche. Man sieht in Preußen angesichts der chronischen klammen Kassen nicht ein, die gut versorgte mecklenburgische Herzoginwitwe noch zusätzlich zu alimentieren.
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1555 wird ein unfaßbar prunkvolles Fest in Mecklenburg gefeiert: die Hochzeit von Herzog Johann Albrecht I. (1525-76) mit Anna Sophia von Preußen. Seit 1550, seit der Ehevertrag ausgehandelt wurde, hat Johann Albrecht I. aufwändige Vorbereitungen getätigt. In Wismar ist ein prunkvoller Fürstenhof zum Empfang der erlauchten Gäste errichtet worden. Mecklenburg will seine politische Bedeutung durch Prachtentfaltung unterstreichen, die Epoche der Renaissance steht in voller Blüte. Ein Turnier wie in alten Ritterzeiten, Jagden, Musik und Tanz und Unmengen an edlem Fleisch, Fisch und Wein muß organisiert werden. Der Hof mit allen Bediensteten soll dem Anlaß entsprechend glänzend eingekleidet werden. Kaufleute und Handelsherren in Wismar und Lübeck haben jahrelang zu tun, die benötigten Luxusgüter aus aller Herren Länder zu besorgen: edelste Brokate, Samt und Seide, kostbar gefärbte Tuche, Geschmeide und Edelsteine und viele Fässer mit edlen Weinen. Kundige Meister aller Gewerke leisten Außerordentliches: Baumeister, Maler und Bildhauer, Punzierer und Ziselierer, Silber- und Goldschmiede, Waffen- und Geschützmeister, Geschirrmeister, Riemer und Wagenbauer, Hutmacher und Schneider.

Der Schwiegervater Albrecht von Brandenburg-Ansbach und Herzog in Preußen hat, wie in langwierigen Ehevertragsverhandlungen vereinbart, eine ordentliche Mitgift für seine Tochter geleistet und einen bedeutenden Anteil an den Festkosten übernommen. Es erscheint gut möglich, daß (Er-)Asmus Baehringk die Prinzessin Anna Sophia als vertrauter Secretarius von Preußen nach Mecklenburg begleitet
und ihr seit dem in Mecklenburg zu Diensten steht.
Wie schon gesagt, der mecklenburgische Fürst will seine Bedeutung durch einen prunkvollen Staatsakt dokumentieren. Die skandinavischen Königsfamilien, die verwandten Häuser aus deutschen Landen sollen mit allen Lehensleuten erscheinen. Im Schweriner Staatsarchiv liegen umfangreiche Akten über die aufwändigen Vorbereitungen, die Organisation der benötigten Vorräte aus allen Landesteilen, seitenlange Einladungslisten und deren geplante Unterbringung mit allen Begleitpersonen. Leider steht unser Asmus namentlich nicht auf den Listen des anreisenden preußischen Hofstaats. Ich habe 2 Tage lang -leider erfolglos- versucht, etwas über Asmus Baehringk und seine mecklenburger Tätigkeiten zu finden. Es gibt aus der betreffenden Zeit keine leicht zu recherchierende Listen über die Ratsherren in Güstrow, keine Listen des Hofstaats, nichts, wo man einfach mal nachschlagen könnte. Möglicherweise verbergen sich noch Zeugnisse von Asmus´ mecklenburgischen Tätigkeiten in irgend welchen Briefen, die zu großen Konvoluten zusammengefaßt in Akten lagern, die in etwa „Hofhaltung von … bis...“ benannt sind. Möglicherweise lassen sich noch irgendwo Hinweise in Güstrower Stadt-Akten finden.

Unser (Er-)Asmus Behringk ist wahrscheinlich in vielfältigen Hof- und Staatsangelegenheiten in den Jahren 1560-80 für die Herzöge von Mecklenburg unterwegs gewesen.

Ich kann hinsichtlich der Recherchen zu Asmus Behringk bisher nur auf die Unterlagen des ehemaligen Königsberger Staatsarchivs zurückgreifen, die in Berlin zugänglich sind. Asmus war ein fleißiger Schreiber. Die seinen Grunderwerb betreffenden Verwaltungsvorgänge hat er geschickt durch klug formulierte Anträge und Vorschläge zu befördern gewußt. In diesen Briefen steckt eine Fülle von Details, manchmal versteckt in endlos mäandernden Sätzen.

Da schreiben die Herren Räte an den Herzog von Preußen:
Obwoll die Herrn Rethe billich bedencken tragenn ... dem Fürsten und Herrn dahin zurathen, was ettwa zugeringerung oder Schmellerung der Pflichtt unnd Scharwerck gereichen möchtte, so erwegen sie doch dagegen, das durch diesen Supplicanten [Asmus Behringk] (: der, wie einen zum Theil wissendt und bekandt, nicht allein ein stiller frommer redlicher dinschafftiger und an fürstenhöfen versuchter und in vertrauten wichtigenn hendeln gebrauchter, sondern auch in die ezlich Tausendt gulden vermügender man ist :) Ihrer F.D. [fürstlichen Durchlaucht] in vielwege, er sey Inner oder ausserlandes, sowoll mitt seinen treuen Dinsten als dem vermügen (: wie er dan auch ungefehr vorm Jar uff ein blosses schreibenn I.F.Dl. Zumbestenn Zu bestellung der Tücher mitt seinem schaden 2000 Thaler vonn Leuten Dabey ers umb Zinß stehendt gehabtt, abgefordertt und selbst mitt nach Braunschweig genommen :) nützlicher unnd mehr den diß geringe darumb er bittet, wieder doppelt eingebracht und erstatten werden köntte, Derowegen, auch in betrachtung seinendthalben geschehener fürstlichen Intercessionen können die Herren Rethe nichtt wiederrathen, ...“
So ist Asmus Behringk von den regierenden Räten zweifellos als vermögender „Investor“ angesehen worden, der offenbar für seine fürstlichen Auftraggeber mit größeren Summen umzugehen weiß und Einkäufe für den Hof tätigt. Unklar bleibt hier der Ortshinweis Braunschweig. Man kann bei Asmus Behringk wohl eine rege Reisetätigkeit in Fürstendiensten annehmen.

...Ich auch dieses als von seligen meynen Vattern geringen angeerbten gütleins bey dem Kruge umb sovilmehr zugenißen haben muge...“ Asmus schreibt hier von dem Krug in K(i)auten bei Laptau und wir erfahren dadurch, daß das der Besitz seines verstorbenen Vaters war.

In einem weiteren Brief von Asmus können wir etwas mehr als in dem zuvor dargestellten Text herauslesen: Asmus möchte wieder in sein „Vatterlandt“ zurückkehren. Es mangelt ihm aber an einer ordentlichen Einkommensquelle dort. Die ererbten „Gütterche“ sind ihm zu gering und mit zu hohen Abgaben belastet. Sein Vater, der Krüger in Kiauten, hat bis zum Tode das Landschöffenamt ausgeübt, erfahren wir nebenbei:
... mich aus Meckelburgk wider alhier In mein Vatterlandt zubegeben, und mein Leben hieselbst nicht allein vollent zuzubringen, sonder auch solchem meinem Vatterlandt zu gutte, mit treuen diensten gebrauchen zulaßen, Es mangelt mir aber an deme, das die gütterche so mein seliger Vatter (.der viel Jar biß In seine gruben Im Landscheppen Ampt und sonsten nach vormögen treulich gedienett.) hinder sich vorlassen, nicht alleine ettwas geringe, Sonder auch mitt unpillichen pflichten, die ander für Jaren zuthuen schuldigk gewesen, beleget und beschweret ...“

Der regierende Herzog Georg Friedrich läßt dann im August 1581 antworten: ...auch in solchem seinen Vatterlande mit treuen sich gebrauchen zulassen und die gnade so F. Dl. Ime conferirn und thun wurden Inner und Ausserlands mit allen treuen vleissigen dinsten underthenigst zuerwiedern und herein zubringen. So haben F. Dl. auch in erwegunge seiner albereidt guthwilligen geleisten noch ferner versprochenen und gelobttenn dinste willen ime auß sondern gnaden ... [den Krug in Kiauten und das Gut Bruch] allen Zinß, Scharwerck und Warpenwagens frey Inzuhaben und zugebrauchen haben mögen. Doch das solche befreyunge und begnadigung weitter nicht, das biß in Virden gradum seiner Erben, wie das kommen köntte, oder bis uf denn virdenn Leib, seine Perßonn mit eingerechnet, extendirt oder erweittert gemeinet sey.“ Es dauert aber noch bis ins Jahr 1583, daß Asmus Behringk endlich eine ordentlich gesiegelte Urkunde über seine Besitztitel erhält.

Herzog Georg Friedrich regiert als Vormundt für den als regierungsunfähig erachteten Herzog Albrecht Friedrich, dem einzigen Sohn des verstorbenen Herzog Albrecht. Das Herzogtum Preußen hat in jenen Jahren sozusagen zwei Hofhaltungen: die des Herzogs Friedrich Albrecht und die des Herzogs Georg Friedrich. Die Machtfrage ist im Herzogtum Preußen in den 1580er Jahren etwas heikel. Der preußische Adel fühlt sich durch den geschickten Verwaltungsfachmann und klugen Diplomaten Georg Friedrich zu sehr auf die Finger geschaut und in seinen Rechten bedrängt. Daher sähe man gern die Macht wieder beim Herzog Albrecht Friedrich, dem eigentlichen Erben, um mehr in eigenem Sinne schalten und walten zu können. Herzog Albrecht Friedrich gilt aufgrund eines psychischen Leidens als regierungsunfähig. Inwieweit dieses Urteil aus machtpolitischen oder tatsächlich gesundheitlichen Gründen zustande kommt, ist durch medizinhistorische Forschungen vor einigen Jahren neu beleuchtet worden.

Herzog Georg Friedrich unternimmt alle denkbaren Anstrengungen, um die maroden Finanzen des Herzogtums zu sanieren. Wenn er Steueränderungen beschließen will, braucht er jedoch die Zustimmung der Landstände, also des ortsansässigen Adels. Diese Position nutzt wiederum der Adel, um auf den alljährlich angesetzten Landtagen Widerstand zu zeigen. Einzelne Gruppen innerhalb des Adels denken gar an eine Revolte, an eine Absetzung des Herzogs Georg Friedrich, zu der man sich die Unterstützung der polnischen Krone erhofft. Auf dem angesetzten Landtag im Winter 1584-85 spitzt sich die Lage ernstlich zu.

Herzog Georg Friedrich hat den Tagungsort klugerweise von Königsberg in das abseitige Saalfeld verlegt. Er möchte dadurch verhindern, daß die Öffentlichkeit der Residenzstadt in die Mißhelligkeiten einbezogen werden könnte. Georg Friedrich will auf jeden Fall einen offenen Aufstand vermeiden. Die Landstände ahnen nicht, daß Georg Friedrich schon seit Regierungsantritt des neuen Königs von Polen, Stefan Batory, mit diesem einvernehmliche diplomatische Beziehungen unterhält. Der vermögende Georg Friedrich hat eine beträchtliche Summe an König Stefan verliehen und fördert diplomatische Kontakte der Krone Polens zum Kaiser und anderen Reichsfürsten. König Stefan ist also dem regierenden Herzog in Preussen sehr gewogen und erkennt dessen vormundschaftliche Regierung in Preussen ohne Wenn und Aber an. Klagebriefe des preußischen Adels an Stefan Batory bleiben unbeantwortet oder gehen postwendend weiter an Georg Friedrich, der dadurch über die Stimmung im Lande wohl unterrichtet ist, auch wenn er sich nicht immer selbst in Preussen aufhalten kann. Georg Friedrich hat
noch seine eigenen Fürstentümer zu verwalten: Ansbach, das ihm auch zugefallene Bayreuth und die Herrschaft Jägerndorf in Schlesien. Außerdem hat er den preußischen Regierungsräten seine eigenen Leute beigestellt, die ihm jede Unregelmäßigkeit melden. Dieser Umstand ist vor allem der Stein des Anstoßes für die preußischen Landstände. Sie fühlen sich in ihren traditionellen Rechten in der Landesregierung zurückgesetzt. Sie empfinden das Regiment des Herzogs Georg Friedrich wie eine Fremdherrschaft.

Für die preußischen Landstände ist es unvorstellbar, daß der polnische König kein Interesse an ihrer Lage zeigen könnte. Die Erfahrungen der Vergangenheit stehen dem total entgegen. Seit dem unglücklichen preußischen Bürgerkrieg, dem 13-jährigen Krieg von 1453-66, der zur Teilung des Ordenslandes und zur Lehensoberhoheit der polnischen Krone über das verbleibende Preußen geführt hat, baut der jeweilige polnische König gern seinen Einfluß in Preussen aus, wenn sich von dort dazu ein Anlaß ergibt. Jede noch so kleine Unzufriedenheit der Preußen mit ihrer Regierung ruft traditionell die Polen auf den Plan. Ausbleibende Antworten der polnischen Regierung erklärt sich der preußische Adel in der aktuellen Krise daher mit den üblichen Unzuverlässigkeiten des damaligen Kuriersystems. Man hegt keine Zweifel an einer eindeutig den preußischen Landständen zugewandten Haltung.

Diese Fehleinschätzung der Lage schwächt die Position des preußischen Adels gegenüber der Regierung entscheidend. Herzog Georg Friedrich hat alle Vorkehrungen getroffen, es nicht bis zum Äußersten kommen zu lassen. Drei adelige Oppositionsführer (v.Aulack, v.Dehle, v.Eulenburg) entziehen sich einer Verhaftung durch Flucht ins polnische Westpreußen, bleiben aber durch Briefe in Kontakt mit den Ständen in Saalfeld. Der Landtag läuft den damaligen Gepflogenheiten entsprechend in einer streng ritualisierten Form ab. Die Landstände setzten sich aus 3 Parteien zusammen: die Vertreter der Städte, die Herren und Landräte, der Adel. Der Herzog läßt seine Vorschläge schriftlich durch seine Sekretäre unterbreiten. Die Landstände haben sich zu beraten, eine einmütige Haltung zu finden und diese wiederum schriftlich formuliert den herzöglichen Sekretären zu übergeben. Der Herzog selbst residiert im nahegelegenen Schloß Ortelsburg. Die herzogliche Regierung formuliert eine Antwort, die wiederum von den drei Ständen erörtert werden muß. Erst wenn unter den drei Ständen wieder eine Meinung gefunden wird, geht es weiter. Auf allen Seiten überwachen Juristen peinlich genau den Wortlaut jedes Schriftstückes, um nur ja nicht die eigene Position durch ungewollte Zugeständnisse oder undifferenzierte Ausdrücke zu gefährden. Die Taktik der Stände geht dahin, Zugeständnisse zu Steueranpassungen nur gegen Einwilligung in ihre Forderungen nach standesgemäßer Regierungsbeteiligung bzw. Abzug der fremden Regierungsräte zu geben. Außerdem verlangt man eine bedingungslose Amnestie der verfolgten Adeligen.

In diesem Szenario ist nun Asmus Behringk im Auftrag des Herzogs Georg Friedrich tätig. Wie es in den Dokumenten heißt ... so haben F. Dl. auch in erwegunge seiner albereidt guthwilligen geleisteten noch ferner versprochenen und gelobttenn dinste willen ime auß sondern gnaden...“ Die fürstliche Durchlaucht hat nur aus sonder Gnaden in Erwartung noch ferner versprochener und gelobter Dienste die Besitztitel für 4 Generationen steuerfrei verschrieben. Nun hat der Herzog unseren Asmus Behring in Saalfeld zu Diensten herangezogen, denn im Mai 1585 schreibt Wolf v. d. Oelsnitz aus Tapiau an den fürstlich preußischen Rathcanzler Friedrich Scharffen, ob er wisse „ zu welchen Conditiones dem Asmuß Behringen, der zu Saalfeldt uffm Landtage gestorben, sein güttlein Bruch genandt auß gnaden zugewandt bekommen. Weiln wir dan solches baldt wissen müssen, So ist unser freundtlich bitten, der Herr Canzler wolle seine verschreibung uffsuchen lassenn unnd uns solches baldt anhero schicken...“

Aus diesem Schriftstück wissen wir, daß Asmus am Landtag in Saalfeld teilgenommen und daß er dort aus ungeklärter Ursache verstorben ist. Und schon gieren Interessenten nach seinem Besitz oder wollen wissen, was sie an Abgaben veranschlagen können. Aber das ist ein anderes Thema. Es wird die folgenden Besitzergenerationen noch nachhaltig beschäftigen. Jetzt interessiert vorerst nur die Frage: was hat Asmus Behringk auf dem Landtage gemacht? Und wie ist er zu Tode gekommen? Hat der mit Hochspannung aufgeladene Konflikt zwischen preußischen Ständen und der herzoglichen Regierung dazu geführt, daß gewisse Personen zwischen die Fronten geraten und auf ungeklärte Weise den Tod finden konnten?

Historisch gesichert ist, daß auf jenem Landtage auch die Erbteilsforderungen der Herzogin Anna Sophia von Mecklenburg aus dem Vermögen ihres verstorbenen Vaters Herzog Albrecht von Preußen erörtert werden soll
en. Es ist denkbar, daß Asmus diesen Verhandlungspunkt im Sinne seiner ehemaligen „Chefin“ vertritt. Es ist weiterhin denkbar, daß Asmus außerdem gewisse Aufträge für den Herzog Georg Friedrich zu erfüllen hat und somit den Ständefraktionen auf dem Landtag suspekt erscheint. Die genauen Umstände bleiben jedoch noch im Dunkel der Geschichte. Vielleicht werde ich einige Aspekte genauer beleuchten können, wenn ich die umfangreichen Landtagsakten aus dem Jahre 1584-85 durchsehe. Erste Stichproben lassen jedoch nur endlose offiziöse Schriftstücke erwarten, die wohl kaum solche Nebensächlichkeiten wie das Schicksal unseres Asmus Behringk erwähnen...

Asmus Behringk verstirbt kinderlos. Der Besitz geht an seine Brüder Andreas und Georg. Die zuständigen Amtmänner zweifeln immer mal wieder an der Steuerfreiheit und der Rechtmäßigkeit des Erbganges in späteren Generationen, beschlagnahmen einmal den gesamten Viehbestand, um damit angeblich seit 100 Jahren rückständige Steuern zu verrechnen. Nur energische juristische Einsprüche können den Besitzstatus sichern. Im Jahre 1727 -wohl nach Ablauf der abgabenfreien Zeit- wird das Gut Bruch an den Nachbarn verkauft: Capitain Henning Ditherich von Wegnern, Besitzer auf Gut Kuggen vergrößert seine Güter und zahlt die 3 Erbparteien (Behring 6 Huben, Linck 4 Huben, Wosegin 2 Huben) bar aus. Der Krug in Kiauten bleibt noch im Besitz der eng verwandten Familie Scharfenorth (Ehefrau geb. Behring aus Bruch).

1764 wird eine Urururgroßnichte von Asmus Behringk mit meinem Ururururur-Großvater verheiratet: Johann Friedrich SCHWEICHLER, 1744 noch in Kalkeim, dem Stammgut der ostpreußischen SCHWEICHLERs geboren, kauft sich als eigene Lebensgrundlage ein kleines köllmisches Gut von 3 Hufen in Damerau im Kirchspiel Schaaken und hat mit Anne Regine BEHRING acht Kinder. Eines von diesen Kindern heiratet in Stombeck am Kurischen Haff eine schöne junge Krügerstochter und übernimmt deren Erbe. Vier Generationen weiter erblickt im Jahre 1932 meine Mutter Betty Schweichler im Stombeckschen Dorfkrug das Licht der Welt.

Siehe auch die thematisch in Zusammenhang stehenden Geschichten über den Glockengießer Heinrich von Schwichel
http://genealogischenotizen.blogspot.de/2010/12/glockengieer-heinrich-von-schwichel-ca.html ,
die Grenzstreitigkeiten in Kalkeim
http://genealogischenotizen.blogspot.de/2008/10/grenzstreitigkeiten-in-einem.html ,
die "Frauengeschichten"
http://genealogischenotizen.blogspot.de/2008/10/frauengeschichten-1549.html ,
sowie die Aufsätze über den Dorfkrug in Stombeck
http://genealogischenotizen.blogspot.de/2008/10/geschichte-eines-ostpreussischen.html

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